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Banff
Freitag, 28. Juni 2002: Banff N.P. – Johnston Canyon und Banff
Kellogg's Honey Crunch Corn Flakes Mission Statement:At Kellogg Canada, we are committed to helping you make your mornings better by providing nourishing, convenient and quality breakfast products.Aber gegen das schlechte Wetter können oder wollen sie nichts tun. Jedenfalls nässt es leicht (Robert: „Scheiße ist des nass!”)
Geli: „Gut gestapelt ist halb gespült”
So fahren wir also in schlechtem Wetter los auf die 1A zu, ein Scenic Byway, der sich durchs grüne Hinterland von Banff Richtung der Großstadt Banff bewegt. Unterwegs erleben wir, wie die ersten Sonnenstrahlen durch das Wolkendach brechen – nicht dass es deswegen zu regnen aufgehört hätte – die Stimmung ist traumhaft. Wie Phantome brechen Wolkengipfel aus dem Grau hervor, andere Stellen sind kurzzeitig in gleißenden Sonnenschein gehüllt. Regenbögen und sichtbare Lichtstrahlen. Nasse Hänge wie Diamanten glitzernd. Ein Geruch von Frische und Reinheit.
Als wir wir uns von diesem Anblick losreisen können, wandern wir in den Johnston Canyon hinein – Robert zieht ein Campmobilsitting vor. Der Regen hat so gut wie aufgehört. Ein schöner Weg direkt an einem wilden Fluss entlang führt zu zwei Wasserfällen (den Lower und den Upper Falls – wie einfallsreich). Problem ist aber, dass Teile des Canyons nicht passierbar waren, wären keine Laufstege vorhanden (so genannte Catwalks) – dies stellt Geli vor eine schwierige Aufgabe, aber unter einigen Verkrampfungen und Festkrallen an anderer Leute Kleidung und Haut passieren wir auch diese Stellen. Die Lower Falls haben eine nette Besonderheit. Durch einen schmalen Riss im Felsen gelangt man in eine zum Wasserfall hin offene Grotte, die gefüllt ist mit der Gischt des Wasserfalls. Weiter geht die Wanderung zu den Upper Falls. Auf dem Weg begegnen wir eines dieser bereits durch Menschen dressierten Eichhörnchen, das sich sogar mehrfach dadurch anlocken lässt, indem man nur so tut, als hätte man was in der Hand. Pünktlich am oberen Wasserfall bricht die Sonne durch die Wolken und erzeugt einen 360° Regenbogen. Hier stürzt das Wasser zwar nur ca. 50 Meter in die Tiefe, dafür steht man sozusagen unmittelbar im Geschehen. Die Wände des Canyons sind hier aus einer Kombination aus Lehm und Bakterienkulturen bedeckt, die sich Schicht für Schicht über die Jahre weiter aufbaut. Nachdem wir Geli nicht überreden konnten noch mit zu den 1.5 km entfernten Ink Pots zu wandern und sie auch nicht alleine über die Stege zurück kommen würde, entscheiden wir uns für die gemeinsame Rückkehr. Es ist wirklich eine Schande, dass wir nicht den Thrill erleben können, den Geli bei der Überquerung der Brücken hat – müssen wir doch in Parks wie Six Flags gehen, um auch nur einen Teil davon mitzubekommen. Wie nicht anders zu erwarten, fängt es auf den letzten Metern wieder an zu regnen und wir retten uns in den Camper. Bei der Weiterfahrt sieht Tom einen verlassenen Horst auf einem Eisenbahnstrommast. Glücklicherweise ist der daneben nicht verlassen und so haben wir aus einer ideal erhöhten Position einen super Einblick auf das Nest eines Ospreys (Fischadler) nebst zwei Jungen – Daddy macht sich gerade auf zum Fischen. Um hier zu parken, testen wir einmal die Seitenneigungsfähigkeit des Fahrzeuges. Interessant wäre schon, wie viel hier tatsächlich machbar ist, bis die Kiste sich seitlich schlafen legt.
Banff – the Town – hat einen deutlichen Vorteil gegenüber z.B.: Salt Lake City. Hier zwitschern und piepen die Fußgängerampeln nicht, dafür zeigen sie auf einer Anzeige an, wie lange sie noch grün sein werden. Nachdem Geli lernt, dass eine Trense auf Englisch „ratle” heißt und man hier nicht bekommen wird, gehen wir in einem Safeways einkaufen. Der größte Einkaufsladen im Umkreis, doch bei dem wird gerade umgebaut – der Verkauf geht weiter, also was will man mehr. Im Liquor Store gibt es allerdings kein Baileys. Schade, den hätte sich Geli verdient, dafür kauft Robert sich ein Lumberjack-Sub-Sandwich. 1.2 kg: „Ingredients, may contain some or all of the following: Turkey, roast beef, salami, ham, cheddar, havarti or Swiss cheese, green peppers, onions, lettuce & tomatoes, mayonnaise, mustard. This product may contain wheat milk and/or eggs” – $9.99 „Satisfaction guaranteed”. Das verputzt er auch auf der Rückfahrt zu mehr als der Hälfte. Immerhin war das so etwas wie eine Notmahlzeit – er hatte heute noch nichts gegessen – außer dem Frühstück und einer Kleinigkeit zum Mittagessen. Und wir fahren zurück von Banff nach Lake Louise und kommen prompt in einen langen Stau, in dem wir über 1,5 Stunden stehen. Das Auto, dass auf einem Abschleppwagen uns entgegenkommt – oder besser dessen klägliche Reste – lässt böses vermuten. Zum Abendessen – um halb 10 – improvisieren wir irgendwelche sonderbaren Bratwürsten – eher Brühwürsten und noch sonderbarere fertig-gefüllte Kartoffeln mit Broccoli und Käse. Naja. „Zum … reichts”. Auf dem Weg zur Dusche lernen wir noch ein amerikanisches Rentnerehepaar kennen. Er war früher in der Aufzugsbranche tätig und hat sich nach seiner Pensionierung eine Ranch in San Antonio, Texas gekauft – mit Kühen, Pferden und allem drum und dran. Richtig Geld gemacht hat er allerdings mit Aktien, so dass er sich das auch leisten kann. Jedes Jahr im Juli schnappt er sich ein Wohnmobil und fährt mit seiner Frau nach Alaska, verbringt dort die heißeste Zeit des texanischen Sommers und fährt dann gemütlich zurück – währenddessen führen seine Töchter daheim die Ranch.
Samstag, 29. Juni 2002: Banff N.P. – Moraine Lake und Lake Louise
Wieder mal klingelt der Wecker um 7:45 (Gähn!!!). Nach einem etwas energischem „Jahaaa” von Geli, verstummt er sofort. Also gut, aufgestanden. Wir gönnen uns mal wieder ein ausgiebiges Frühstück. Dicke Wolken versperren der Sonne den Weg zu uns. Es verspricht ein regnerischer Tag zu werden. Trotzdem setzen wir uns in Bewegung und rollen ganz gemütlich unserem ersten Ziel entgegen, dem Moraine Lake. Zwischendurch halten wir an, um wunderschöne Felsformationen, die von Wolken und Nebel umhüllt sind, zu fotografieren bzw. zu filmen. Der Gedanke an uralte, verlassene Burgen kommt auf. Nach kurzer Fahrt haben wir unser erstes Ziel erreicht. Nach einem Blick auf die Wanderkarte beschließt Robert nicht mit uns zu kommen und lässt uns drei mit der Entscheidung alleine, welchen Weg wir nun nehmen wollen. Nach Michls Überredungskünsten ließ Geli sich zu einem Trail von ca. einer Stunde (one way) auf 3 Kilometer Länge und ca. 65 Meter Höhenunterschied überreden. Schon nach wenigen Metern kamen wir an ein Schild, das uns in unsere Schranken weisen wollte. Da stand doch tatsächlich, dass wir hier nur dann weiter gehen dürften, wenn unsere Gruppe mindestens 6 Köpfe zählen würde. Verdammt!!! Wo bekommen wir jetzt auf die Schnelle noch 3 Köpfe her???? Hinter uns bewegte sich etwas. Bei genauerem Hinschauen entdeckten wir ein Chinesenpärchen. Sie trugen beide Köpfe auf ihren Schultern. Super! Die sind mindestens einen halben Meter kleiner als wir, wiegen zusammen vielleicht nur halb so viel wie Tom und sind somit auch ganz bestimmt schwächer als wir. Die nehmen wir mit! Ob sie wollen oder nicht, wir brauchen ihre Köpfe, also müssen sie mit. Die beiden wurden sich ihrer Situation ziemlich schnell bewusst und schlossen sich uns willenlos an. Auf den sechsten Kopf haben wir risikobereit verzichtet und darauf vertraut, dass die Bären hier in Kanada nicht bis 6 zählen können.
Auf dem Weg zum Consolation Lake rätselten wir, ob der Bär, wenn er denn käme, die chinesische oder die deutsche Küche bevorzugen würde. Wir unterhielten uns auch darüber, dass man mit längeren Beinen auch schneller rennen kann.(grins!) Irgendwann bemerkte ich, dass sich der kleine Chinesenmann mit einem Holzknüppel bewaffnet hatte :-) Hi, hi, hi!!!
Unser Weg führte uns teilweise über unwegsames Gelände. Gleich am Anfang mussten wir einen Bach überqueren. (Ohne Brücke!!!) Was meines Erachtens schon etwas Geschicklichkeit und Balance erforderte. (Von beidem besitze ich wenig, was mir auf dem Rückweg auch zum Verhängnis wurde.) Wir wanderten durch bewaldetes Gelände, sehr matschigem und teilweise noch schneebedecktem Boden. Ab und zu ließ sich ein Eich- bzw. Erdhörnchen blicken und hin und wieder fanden sich auch schöne, winzig kleine Blumen am Wegrand. Nach einer knappen Stunde kamen wir am Consolation Lake an. Riesige Felsbrocken versperrten uns den Weg zum Seeufer. Michl nahm den Kampf mit dem Gestein auf und ließ einen Steinbrocken nach dem anderen hinter sich. Tom und ich blieben zurück. Außer unserer Fünfmann-Gruppe waren hier noch mindestens zehn weitere Personen anwesend. Schnell hatte Tom in dem ein oder anderen unter ihnen einen guten Gesprächpartner gefunden und war fleißig am erzählen und zuhören. Mich hatte mal wieder der Anblick der Natur voll im Griff. Ich saß da und starrte auf die riesigen Gesteinsbrocken die wohl schon seit Tausenden von Jahren hier liegen. Der Anblick war überwältigend. Eingerahmt von riesigen schneebedeckten Bergen lag am Ende der Felsstraße der See. Wir haben jetzt Ende Juni und es schwammen immer noch kleine Eisschollen darauf. Als es leicht zu regnen begann, rissen wir uns los und machten uns auf den Rückweg.
Irgendwie haben sich wohl alle Anwesenden dort in ihren Sechsergrüppchen nicht so ganz wohl bzw. sicher gefühlt, denn plötzlich zählte unsere so schwer erkämpfte Fünfergruppe mindestens 16 Köpfe. Mit jedem Höhenmeter den wir verloren nahm der Regen zu. Als wir unten wieder an dem zu überquerenden Bach angekommen waren, waren wir alle ziemlich nass geworden. Das Einzige, was sich bei mir noch trocken anfühlte, waren meine Füße. Doch das sollte nicht mehr lange so bleiben. Tom überquerte so ziemlich als Erster den Fluss und zwar trockenen Fußes. Er reichte mir seine Hand, doch als ich meinen Fuß dort aufsetzen wollte, wo ich es genauestens geplant hatte, musste ich feststellen, dass außer mir noch mindestens zwei andere Wegbegleiter die gleiche Idee hatten und somit für mich auf diesem Fleckchen kein Platz mehr war. Deshalb setzte ich meinen Fuß, durch Toms hilfreiche Hand gesichert, 30 cm daneben ab und zwar mitten im eiskalten Nass. So, nun gab es keine Stelle mehr an mir, die trocken geblieben war. Doch bis zum Wohnmobil waren es nun nur noch wenige Meter und da erwartete uns bereits Robert, der uns noch mal erklärte, dass er nun ganz sicher sei, bezüglich unserer Wanderung die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
Da es sich mittlerweile eingeregnet hatte, beschlossen wir zum Campground zurück zu fahren und uns erst mal etwas zu Essen zu machen – der Vorteil von strategisch günstig ausgewählten Campgrounds ist wirklich nicht zu verachten. Wir teilten uns zu dritt eine Fertigpizza, die wir mit Wurst und Käse „anreicherten”. Tom verweigerte seinen Anteil, so blieb für Robert und Michl mehr.
Als die Wolken etwas aufrissen und hier und da sogar etwas von der Sonne zu sehen war, fuhren wir noch mal los, diesmal zum Lake Louise. Dort angekommen vergewisserten wir uns erst mal, ob wir uns nicht etwa verfahren haben könnten und nun im ostasiatischen Raum unterwegs waren. Japaner und Chinesen so weit das Auge reicht. Wo kommen die alle her? Ist bei denen zu Hause überhaupt noch Jemand? Dasselbe kann man hier übrigens auch über uns Deutsche sagen.
[Geli und Robert]
Lake Agnes |
Robert und ich freundeten uns, nach einigen Überredungskünsten des ersteren, mit dem Gedanken an, uns für eine Stunde ein Kanu zu leihen. Das war zwar ziemlich tourimäßig und teuer, aber auf dem Wasser verloren sich wenigstens die einzelnen Boote und von den Menschenmassen am Ufer war schon bald nichts mehr zu sehen. Die Zeit verflog im Nu. Nachdem wir unser Kanu abgegeben hatten, inspizierten wir das grandiose Lake Louise Hotel. Ein riesiger Komplex mit High-Society-Einkaufsmeile. Ein Designerladen reihte sich an den anderen. Plötzlich lachte mich aus einem Schaufenster ein ca. 70cm großer aus Bronze gegossener wunderschöner Indianer an. Robert und ich warfen unsere Minderwertigkeitskomplexe (hahaha) über Bord und betraten selbstsicher das Geschäft. Ein überaus freundlich dreinblickender Yuppi kam sofort auf uns zu und fragte ob er uns behilflich sein könnte. Er heftete sich sofort an Roberts Fersen, bescheinigte ihm ein großer Kunstkenner und ganz bestimmt auch Sammler zu sein (?). Mich ignorierte dieser Typ zu 99%, was mir auch ganz recht war, denn so konnte ich mich in aller Ruhe mit meinem Indianer beschäftigen. Der Grund, warum dieser Mensch mich und Robert absolut zwei-klassig behandelte sollte uns schon interessieren. Nach einiger Zeit kamen wir darauf, dass es wohl an der teuren Rolex, die an Roberts Arm baumelte (als gehöre sie da ganz bestimmt nicht hin) lag. Tom hatte sie Robert geliehen um uns nicht zeitlos zu lassen. Als wir die Wirkung der Uhr erkannten, machten wir uns sofort auf den Weg in die Lobby und Robert erfragte wild mit seinem Handgelenk fuchtelnd nach den Übernachtungspreisen. Der Consierge händigte ihm eiligst eine Preisliste für sämtliche Suiten, Rooms sowohl Lakeside als auch Mountainside aus. Nach dem die Preise nicht unseren Vorstellungen entsprachen, machten wir uns nach einem kurzen Abstecher beim Indianer auf den Weg in unsere Luxuskarosse (*****). Nach einer halben Stunde trafen auch Michl und Tom völlig erschöpft und von Wadenkrämpfen geplagt ein.
[Michl und Tom]
Nachdem Geli und Robert paddeln gegangen waren, entschieden wir uns für den Aufstieg zum Lake Agnes, an dessen Ufern sich ein Teehaus befinden sollte (Häh? Können die hier nicht einfach Berghütten wie jeder andere auch haben?). 400 Höhenmeter, allerdings gut verteilt auf die 2,9 km einfach, machten uns wenig Mühe. Fast ganz oben angekommen hatten wir einen tollen Blick auf den Mirror Lake, in dem sich der „Big Beehive” widerspiegelte, eine Felsformation mit der Riffelung ähnlich eines Bienenkorbes. Kurz bevor wir weiter gehen wollen und noch einer Teenie-Gruppe beim Erinnerungsfoto behilflich sind, kommen zwei Reiter den Berg herunter und das Mädel, dass den ersten Gaul nur schwerlich bändigen kann, lenkt diesen tatsächlich mitten in das Wasser. Futsch ist der tolle Spiegeleffekt. Das entfernte Schaben von tausenden Skalpells ebenso vieler Kartographen ist zu hören. Ein Blick auf die Karte verrät: Der See wurde gerade umbenannt nach Ripple-Lake. Auch gut. Auf dem weiteren Weg nach oben teilen wir uns ganz offensichtlich diesen mit einer besonderen Spezies Mensch, den Reitern, wie den Rückständen klar zu entnehmen ist (Michl: „Tun die auch was anderes als Scheißen?”). Ganz oben – also am Lake Agnes – angelangt begann es, wie schon fast vorherzusehen, wieder leicht zu regnen, weshalb wir nur einen kurzen Blick auf den See und auf die Felsformation der „Little Beehives” warfen, einige Fotos belichteten, das Tourizentrum „Teahouse” ignorierten und uns wieder an den Abstieg machten.
Am Abend gab es noch einmal Fertigpizza, die Tom auch wie die zum Mittagessen geflissentlich ignorierte („Ich habe heute keinen Bock auf Essen”)