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Yoho, Mt Revelstoke
Sunday, June 30th, 2002: Yoho N.P.
Unser erster Ausflug im Park geht zu den Takakkaw Falls, einem der höchsten Wasserfälle Kanadas. Der Weg dorthin ist beschrieben als „Nicht empfohlen für Autos über 7 Meter Länge”. Hah! Hält uns doch nicht ab! Doch an einer Stelle merken wir warum. In einer 360° Serpentine müssen wir sogar zurücksetzen, um in zwei Anläufen um die Kurve zu kommen. Piece of cake, wenn das sogar der Bus vor uns hinbekommt (wenn auch in mehreren Zügen). Die Mächtigkeit der Wasserfälle wird dadurch unterstrichen, dass sie schon nach wenigen Meter Höhe auf einen Vorsprung prallen, was das Wasser in alle Richtungen verstreut und so die Wassermassen noch mächtiger erscheinen lässt.
Am Abend übernachten wir in Golden, das – in British Columbia liegend – uns eine Stunde schenkt. Wir sind fast unbemerkt wieder über die Zeitgrenze gefahren. Das heißt aber auch, dass es eher dunkel wird. Den heutigen Campground „Whispering Spruce” hatten wir vorreserviert, was auch ein guter Schachzug war, sind doch heute offensichtlich alle Kanadier unterwegs, die auch nur irgend ein halbmillionen-teures Wohnmobil ihr Eigen nennen. Nachdem wir erzählt haben, dass wir aus Deutschland kommen, drückt der Jugendliche am Check-In sein Beileid aus, dass wir im World Cup verloren hätten, worauf wir meinten, wir seien eh eher für Brasilien gewesen. „Let me repeat this again: You are Germans but not for your soccer team. I can't believe it! Germans and not for their team” „Give us a reason why we should be?” „It's your nation!” „OK! And give us a reason why we should be?” „I can't believe it”…
Auf einen AAA, KOA oder Wild Rose Rabatt wollte er sich nicht einlassen. Auch auf dem "Deutschland-hat-verloren" Rabatt-Ohr war er taub („You've supported Brasil anyway!”). Naja auch für einen „Brasilien-hat-gewonnen” Rabatt war er nicht zu haben.
Einkaufen in Golden ist ein besonderes Vergnügen. Eigentlich nur ein größeres Kaff, zeichnet es sich doch durch einen Grocery Store („Garden Market”) der besonderen Art aus: Eine richtige Wurst- und Käse-Theke. Tom verdreht die Augen, sabbert und verfällt in den Kaufrausch. Kalbskäse! 250 g! Deutsche Salami! 200g! Champignon-Wurst! 100g! Und noch zwei Debreziner!!! Aber auch das andere Angebot ist nicht von schlechten Eltern. Lediglich in der Kategorie „a gscheids Brod” qualifiziert sich der Laden nicht für die Endrunde. Aber immerhin wird Robert auch unsere gesammelten Vorräte an leeren Flaschen los, die hier in der Gegend mit 20 Cent Pfand belegt sind.
Nachdem wir im Safeways in Banff zwei Fischfilets billig geschossen hatten (30% Off eines 30% Off ausgeschilderten Preises) mussten wir die bald wegmachen. Die waren so billig wegen des anstehenden Verfallsdatums. Deshalb gibt es chinesischen Curry-Surprise-Reis von Tom mit eingelegten Cod- (Kabeljau-) und Snapper-Filet auf dem Grill von Robert gebrutzelt. Eine Tinktur aus Zitrone, Sojasauce, Salz, Pfeffer und Zucker würzt den Fisch. Die Gesamtmenge ist etwas viel, aber wir haben ja Robert, der uns aus dieser Petersilie (Petrullie kann ich nicht Buxelstabieren!) hilft. Vom Rest des Reises machen wir gleich noch einen Reissalat für den nächsten Tag.
Toms Kreuz geht es mittlerweile schon wieder besser, weshalb er sich zumindest mal gegen Robert auf den Beach-Volleyball Platz stellt, aber weder der Rücken noch Toms leicht über das viele Essen aufgebrachter Magen erlauben ein großes Spiel, weshalb ein ca. 4 jähriger Schroppen einspringt und mit allem was er zu bieten hat (Hand, Kopf, Fuß, Ellenbogen, Knie, …) versucht den Ball über das Netz zu bringen.
Am Abend zünden Geli, Michl und Robert ein Freudenfeuer über den nun schon fast einen ganzen Tag ausgebliebenen Regen.
Gemütlich sitzen wir um das Feuer und erzählen uns Schandtaten, oder auch nicht, aus unserer Jugend. Ehe wir uns versehen, ist es schon sehr spät geworden und Geli fallen langsam die Augen zu. Offensichtlich fällt es ihr schwer, sich von dem schönsten Lagerfeuer auf dem gesamten Campingplatz loszureisen und sich ins Bett zu begeben, aber die Müdigkeit siegt. Robert beschließt den ganzen noch nicht verheizten Holzvorrat abzufackeln und sitzt noch die ein oder andere Stunde, nachdem ihn nun auch Michl verlassen hatte, allein am Feuer und hängt seinen Gedanken nach. Um Mitternacht stattet er den Nachbarn einen Besuch ab, die in den Nationalfeiertag hineinfeierten. Über dem was dann passiert, breiten wir den gnädigen Schleier der Nacht.
Monday, July 1st, 2002: Mount Revelstoke N.P.
Heute ist Nationalfeiertag, Grund genug eine Bestandsaufnahme unseres Fahrzeugs zu machen.- Batterien und Frisch-Wasser: Voll. Check.
- Grey- und Black-Wasser: Leer. Check.
- Treppe eingeklappt. Check.
- Luken und Fenster dicht. Check.
- Schlüssel: Im Schub (heute lassen wir ihn mal nicht außen stecken). Check.
- Eine Tasse: Henkellos. Crack.
- Vier große und ein kleiner Teller: Theoretisch in irgendeinem Müllbeutel auf irgendeinem Campground noch in Einzelteilen vorhanden. Das Gute: Seit wir unsere Schränke zubinden, haben wir nichts mehr auf diese Art verloren!
- Seit heute fehlt auch die Fußmatte im Wagen. Wo die wohl abgeblieben ist.
- Am rechten vorderen Reifen quietscht irgendwas bei langsamer Fahrt – das kann man aber unterbinden, indem man einfach schneller fährt, oder zumindest dann die Fenster schließt, dann hört man das Gequietsche nicht.
- Die Jalousien sind unten einhängbar. Tut man das nicht und fährt trotzdem mit heruntergelassenen Rollos, brechen diese Halterungen über kurz oder lang ab. Wir haben jedenfalls schon drei verloren.
Wir haben bis jetzt repariert:
- Den Luftauslass der Klimaanlage (den Michl zugegebenermaßen vorher auch rausgerissen hatte). Aber jetzt funktioniert er besser denn je.
- Den Lüfter über dem Grill – jetzt dreht er sich sogar
- Die uns völlig unbrauchbar übergebenen Rauchmelder – sie haben ihre Einsatzfähigkeit beim Anbraten von Gemüse vor einigen Tagen dramatisch piepsend unter Beweis gestellt.
Und dann hätten wir da natürlich noch Zum-Glück-ist-mein-Kopf-angeschraubt-Geli: Sie hatte ihre Bürste zu Hause vergessen, eine neue gekauft, diese verloren, eine neue gekauft, die alte wieder gefunden… Auch ihr verlorener schwarzer Socken ist wieder aufgetaucht und so ging es auch mit den meisten anderen Dingen, die sie so verlegt. So findet Michl z.B. tagtäglich ihre Bobonpapierchen in seinem Bett…
Nun zum Tagesgeschehen zurück nach Kanada: Wir fahren heute Richtung Westen durch den Glacier National Park und den Mount Revelstroke National Park. Das Wetter zeigt sich wechselhaft von sonnig und warm bis hin zu kurzen Regenschauern. An der Straße befinden sich immer wieder kurze Wanderungen auf angelegten Holzwegen (Boardwalks). So unterziehen Michl und Tom den Hemlock Grove Trail – zwar nur 400 Meter lang, doch führt er sie in eine kleine Idylle, die sie sehr an die Olympic Mountains in Washington erinnert. Weiter geht es zum Giant Grove Trail, wo, nachdem ein kurzer aber heftiger Regenschauer der Sonne gewichen ist, sich auch die Geli entschließt mitzugehen. Auch nutzt sie gleich zweimal die örtlichen Gegebenheiten geschickt aus („Juhuu! Wasserklosett”). Der Trail ist 500 Meter lang – eine dramatische Steigerung. Wenn das mal so weitergeht. Der dritte und letzte Trail des Vormittags ist der Skunk Cabbage Trail. Ganze 1.2 km durch eine sumpfige Landschaft an den Gestaden eines Flusses. Hier wächst der riesige Skunk Cabbage, der – nachdem heute Nationalfeiertag ist – frisch gewaschen ist und überhaupt nicht seinem Namen alle Ehre macht.
Danach gibt es Mittagessen, und der Reissalat ist schneller weg, als Michl „Ihh, da sind ja Weintrauben drin” sagen kann. Gelis Geschmacksnerven rebellieren wieder einmal ob der Anwesenheit eines Hauchs an Schärfe und sie weiht uns ein, dass Mozzarella in die Kategorie Lebensmittel gehört, die für sie eine ideale Würze haben. Nach dem gestrigen Mittagessen, wo Geli dreimal mit einem Löffel Joghurt das Essen für beendet erklärt hat, reimt Tom: „Bis nicht dreimal das Jogurt kreist, hat die Geli nicht fertig gespeist!”. Nachdem Michl und Geli sich in Golden der Aufgabe neuer Gefriertüten gewidmet haben, und auch freudestrahlend mit einer wirklichen Schnäppchenlösung („und da sind auch noch mehr Tüten drin! Und wieder verschließbar”) zurück kommen, erweisen sich die Tüten heute als gerade mal brauchbar 5–10 Gummibärchen (von denen wir übrigens keine mehr haben) aufzunehmen. Also auf die Einkaufsliste: „A Bägla gscheide Düdn”.
Meadows in the Sky (ha!) |
Am Nachmittag haben wir uns die Meadows in the Sky Route ausgesucht. Eine 26 km lange Stichstaße auf den Gipfel des Mt. Revelstoke. Nach 20 km war die Straße allerdings gesperrt und ein Ranger hüpft aus seinem geparkten Auto („The road is closed due to snow for another approximately three weeks”). So lassen wir Robert im Wagen zurück und gehen die Straße entlang bis zur Schneegrenze, die noch 1,5 km entfernt sein soll. Dort finden wir auch wirklich kleinere Schneeverwehungen, die die Straße unter sich begraben – allerdings so weit wir gehen nichts wirklich dramatisches und nichts was nicht 1000 Affen mit 1000 Schaufeln hätten beseitigen können – alternativ auch ein Schneepflug. Am Wendepunkt unserer Straßenbegehung finden wir einen kleinen Bergsee, der – so müssen wir unumwunden zugeben – noch fast völlig zugefroren ist. Ein idealer Ort für eine Schneeballschlacht. Und selbt Geli erwischt Tom mit ienem Schneeball, nachdem dieser sich vorne übergebeugt einen Meter von ihr entfernt still aufstellt. Auf dem Rückweg senken sich die Wolken und der Neben flockt in einer Mischung aus Schnee und Regen aus.
Übernachten ist heute auf dem KOA Campground Nahe Revelstoke angesagt. Vorher gehen wir noch schnell Einkaufen und eine kleine Flasche Baileys organisieren, nachdem der Geli schon seit Tagen danach gelüstet.
Auf dem Campground angekommen, stellt Tom wieder einmal seine Unfähigkeit mit dem Beach-Volleyball unter Beweis, gefolgt von einer bis in den Abend hinein dauernden Waschorgie – der hoffentlich einzigen auf der ganzen Reise – zumindest soweit es die männlichen Mitreisenden betrifft. Geli wird sicherlich noch so eins bis acht mal waschen gehen.
Als am Abend Robert das Holzfeuer nicht anbekommt, kommen hilfreiche Nachbarn und sprühen eine halbe Flasche Spiritus auf das Feuer, dass dieses aber nur kurz auflodern lässt. Offensichtlich in ihrer Ehre getroffen, kommen sie mit Verstärkung und Holzspreißeln zurück und entzünden ein wahres Flammeninferno.
Wieder einmal verkneift sich Tom am Abend jegliche Essensaufnahme und verzieht sich frühzeitig in sein Bett.