Polfilter

28. August 2000, 20:49:09 Uhr:

Polfilter gehören zu den nützlichsten Filtern in der Fotografie. Anders als bei vielen anderen Filtern kann man die Effekte des Polfilters nicht nachträglich beim Erstellen eines Abzugs oder bei der digitalen Manipulation nachholen.

Gleichzeitig ist der Polfilter ein relativ komplizierter Filter. Gerade Anfänger haben hier oft Verständnisprobleme. Dieser Artikel soll Abhilfe schaffen.

Was ist ein Polfilter?

Ein Polfilter besteht im wesentlichen aus einer Polarisationsfolie, die das einfallende Licht linear polarisiert. Licht von der Sonne oder von den meisten künstlichen Lichtquellen besteht aus Wellen, die in allen möglichen Ebenen schwingen (es ist unpolarisiert). Ein Polfilter kann nun die Wellen ausfiltern, die nicht in einer bestimmten Ebene schwingen. Hinter dem Filter treten also nur Wellen aus, die alle in der gleichen Ebene schwingen (es ist linear polarisiert). Alle anderen werden vom Polfilter ausgeblendet bzw. entsprechend abgeschwächt. Die Schwingungsebene wird durch die Drehstellung des Filters ausgewählt. Wenn man nun eine Lichtquelle durch den Filter betrachtet, erscheint das Bild lediglich dunkler. Das ist keine Überraschung, denn es werden ja Wellen ausgefiltert, und weniger Licht verlässt den Filter wieder.

Interessant wird es nun, wenn das unpolarisierte Licht der Lichtquelle an nichtmetallischen Oberflächen (Wasser, Glas, Kunststoff, Lack usw.) reflektiert wird. Dann wird dieses Licht teilweise linear polarisiert. Man kann nun mit einem Polfilter diesen polarisierten Anteil ausfiltern, indem man in so dreht, dass die Schwingungsebene des Lichts zur Durchlassebene des Filters senkrecht steht. Das hört sich sehr kompliziert an, ist aber in der Praxis sehr einfach: Man dreht den Filter so lange, bis die Reflexion verschwindet. Dies ist auch die Hauptanwendung des Polfilters: Ausfiltern von Reflexionen.

Wann verwendet man einen Polfilter?

Man verwendet Polfilter hauptsächlich zum Entfernen von Reflexionen. Diese können störend sein, z.B. beim Fotografieren durch eine Fensterscheibe. Auch beim Fotografieren von Gegenständen ist der Polfilter nützlich. Wenn man die Reflexionen an einer Kunststoff- oder Lackoberfläche ausfiltert, dann kommt die eigentliche Farbe des Gegenstands stärker zur Geltung. Mit dem Polfilter kann man also die Farben des Motivs verstärken.

In der Naturfotografie gibt es zwei Hauptanwendungen. Auch auf Blättern von Bäumen und anderen Pflanzen sowie auf Wasserflächen gibt es Reflexionen. Da hier meistens der Himmel reflektiert wird, erscheinen diese Bilder oft unnatürlich blau. Ein Polfilter reduziert diese Reflexionen und macht Grün wieder Grün und Braun wieder Braun. Die zweite Anwendung ist, den blauen Himmel dunkler erscheinen zu lassen. Das blaue Himmelslicht ist im Vergleich zu Wolken stark polarisiert. Mit dem Polfilter läßt sich dieser Bereich gut verdunkeln, und weiße Wolken zeichnen sich deutlicher ab.

Wann verwendet man keinen Polfilter?

Wenn eine Reflexion zentraler Bestandteil des Bildes ist, dann sollte man sie natürlich nicht gerade wegfiltern. Bei einem Bild eines Berges hinter einem Bergsee ist es vermutlich wichtiger, das Spiegelbild des Berges im Wasser zu sehen als den Grund des Sees.

Da der Polfilter ja Licht ausfiltert, also das Bild dunkler erscheint, kann es vorkommen, dass die Belichtungszeiten deutlich verlängert werden. Im Ernstfall kann eine kürzere Belichtungszeit wertvoller sein als die Wirkung des Polfilters. Dann sollte man besser auf den Einsatz verzichten.

Was ist ein zirkularer Polfilter?

„Normale” Polfilter sind lineare Polfilter. Hinter dem Filter ist alles Licht linear polarisiert. Moderne Kameras haben nun oft einen halbdurchlässigen Spiegel oder eine halbdurchlässige Fläche im Sucherprisma. Hier wird das Licht abgezweigt, das zur Belichtungsmessung und für den Autofokus verwendet wird. Diese halbdurchlässigen Flächen wirken oft ebenfalls wie ein Polfilter. Wenn nun die beiden Durchlassebenen senkrecht zueinander stehen, dann kommt kaum noch Licht durch. Das macht sich so bemerkbar, dass der Autofokus nicht mehr funktioniert (es kommt nicht genug Licht am Sensor an) oder dass die Bilder stark überbelichtet werden (der Belichtungsmesser „denkt”, es sei sehr dunkel).

Die Abhilfe dieser Probleme sind zirkulare Polfilter. Diese haben hinter der Polarisationsfolie noch eine weitere Folie, eine sogenannte Verzögerungsplatte. Diese versetzt die austretenden Lichtwellen in Rotation, d. h. die Wellen schwingen nicht mehr alle in einer Richtung sondern sind quasi im Raum verdreht. Hinter dem Filter kommt also zirkular polarisiertes statt linear polarisiertes Licht heraus. Dieses passiert die halbdurchlässigen Flächen, ohne jemals vollständig absorbiert zu werden. Der Autofokus und der Belichtungsmesser funktionieren wieder korrekt.

Viele Leute glauben, dass man zirkulare Polfilter nicht mehr drehen müsste oder dass die Bildwirkung sich von der linearer Polfilter unterscheiden würde. Das ist beides nicht der Fall.

Wie unterscheide ich lineare und zirkulare Polfilter?

Falls man einmal in der Situation sein sollte, dass man nicht weiß, ob man einen linearen oder zirkularen Polfilter vor sich hat, dann gibt es einen einfachen Trick, um sie zu unterscheiden. Man blickt einfach durch den Filter auf dessen Spiegelbild in einem normalen Spiegel. Wenn der Filter immer gleich grau aussieht, egal durch welche Seite man blickt, dann handelt es sich um einen linearen Polfilter. Ein zirkularer Polfilter erscheint in einer Stellung grau und in der anderen absolut schwarz.