Makro-Fotografie (2)

Wie erreicht man einen großen Abbildungsmaßstab?

30. August 2000, 22:48:02 Uhr:

Es gibt mehrere Wege zum Ziel, die sich außerdem kombinieren lassen. Die wichtigsten sind:

  • Makro-Objektive
  • Zwischenringe
  • Balgengeräte
  • Telekonverter
  • Nahlinsen

Jedes dieser Mittel hat seine spezifischen Vor- und Nachteile. Sie sollen im folgenden besprochen werden:

Makro-Objektive

Wer sich ernsthaft mit der Makrofotografie beschäftigt wird sich fast zwangsläufig ein Makro-Objektiv zulegen. Dieses dient dann als Grundobjektiv und kann alleine oder zusammen mit den anderen Hilfsmitteln eingesetzt werden.

Ein Makro-Objektiv unterscheidet sich von anderen durch eine besonders kleine Nahgrenze, also den kleinsten Abstand, mit dem das Objektiv noch scharfstellen kann. Damit kann man dann einen Abbildungsmaßstab von 1:2 oder 1:1 erreichen. Praktisch alle Makro-Objektive haben eine feste Brennweite in den Bereichen 50 mm (50 mm/55 mm), 100 mm (90 mm/100 mm/105 mm) und 200 mm (180 mm/200 mm). Es gibt außerdem sogenannte Lupen-Objektive, die in einem Abbildungsmaßstab 1:1 bis ca. 3:1 verstellbar sind. Dies sind aber eher die Exoten unter den Objektiven.

Vorsicht: Die Hersteller verkaufen gerne einige Objektive (meist Zooms) als „Macro”-Objektive, obwohl sie nur einen Abbildungsmaßstab von 1:4 oder sogar weniger erreichen. Das mag mehr sein als bei anderen herkömmlichen Objektiven, aber echte Makro-Objektive müssen schon 1:2 erreichen, alles andere ist Marketing.

Die Brennweite bestimmt stark den Einsatzbereich. Der 50 mm-Bereich wird oft für Repro-Fotografie verwendet, wogegen die längeren Brennweiten für die meisten anderen Situationen, v. a. in der Natur, zum Einsatz kommen. In der Natur braucht man den größeren Abstand zum Motiv bei trotzdem großem Abbildungsmaßstab, wenn das Motiv lebt und eher wegkrabbelt, wenn man ihm zu nahe auf den Pelz rückt. Ein zweiter Vorteil der längeren Brennweite ist der engere Bildwinkel, der es dem Fotografen einfacher macht, mit nur einem kleinen Schwenk einen „besseren” Hintergrund ins Bild zu bekommen.

Zwischenringe

Zwischenringe sind verschieden lange „Röhren”, die zwischen Gehäuse und Objektiv eingesetzt werden. Idealerweise werden alle wichtigen Kamerafunktionen wie Blendensteuerung, Energieversorgung, Autofokus, Elektronik usw. zum Objektiv durchgereicht, so dass alle Funktionen erhalten bleiben.

Zwischenringe versetzen sozusagen das Gehäuse mit seiner Filmebene um ein Stück nach hinten. Wenn ein Motiv vor der Nahgrenze des Objektivs nur noch „hinter” der Filmebene scharf abgebildet werden könnte, dann schafft der Zwischenring wieder den nötigen Abstand zwischen Objektiv und Film. Den Versatz und damit den Wirkungsgrad bestimmt man mit der Länge des Zwischenrings.

Der Nachteil der Zwischenringe ist ein Lichtverlust. Objektive sind so konstruiert, dass sie auf der Filmebene einen Bildkreis erzeugen, in den das Filmbild gerade hineinpasst. Mit einem größeren Abstand zwischen Objektiv und Film wird auch der Bildkreis größer, und Licht, das sonst auf den Film fällt, wird nicht mehr genutzt. Je länger der Zwischenring ist, desto größer ist der Lichtverlust. Eine moderne Kamera mit TTL-Belichtungsmessung „sieht” diesen Lichtverlust natürlich auch und gleicht z. B. mit längerer Belichtungszeit aus.

Ein weiterer Nachteil ist, dass man bei längeren Brennweiten auch einen längeren Zwischenring bräuchte für den gleichen Effekt. Bei einem 50 mm-Objektiv kann man mit einem 25 mm-Zwischenring immerhin einen um 50% größeren Abbildungsmaßstab erreichen. Bei einem 100 mm-Objektiv wäre die Vergrößerung aber nur 25%, und bei 200 mm nur 12%. Zwischenringe setzt man folglich eher bei kurzen Brennweiten ein.

Der große Vorteil der Zwischenringe ist jedoch, dass keinerlei zusätzliche Linsen in den Lichtweg gestellt werden. Die Schärfe, Verzeichnung und der Schleier bleiben also praktisch unverändert.

Balgengeräte

Balgengeräte sind sozusagen „verstellbare Zwischenringe”. Der Balgen sitzt zwischen Kamera und Objektiv, und der Abstand zwischen beiden kann vergrößert und verkleinert werden.

Balgen sind recht aufwendig konstruiert. Durch die Verstellung ist es sehr schwierig, die Kamerafunktionen zum Objektiv zu übertragen. Mit Balgen muss man meist mit einigen Funktionseinschränkungen rechnen.

Ein Balgen ist natürlich auch groß und unhandlich. Man muss schon ziemlichen Enthusiasmus aufbringen, um ihn auch in der Natur zu verwenden. Mit dem Aufkommen wirklich guter Makro-Objektive sind Balgen etwas in Vergessenheit geraten.

Balgen haben den gleichen Vorteil wie Zwischenringe: Keine zusätzlichen optischen Elemente. Auch kann man mit Balgen sehr große Abbildungsmaßstäbe erreichen.

Telekonverter

Telekonverter sind optische Elemente, die wieder zwischen Kamera und Objektiv gesetzt werden. Sie verlängern die Brennweite des Grundobjektivs um einen bestimmten Faktor, meist 1,4 oder 2. Sie schaffen das, indem sie auf einen Ausschnitt in der Mitte des ursprünglichen Bildkreises „schauen” und diesen am hinteren Ende auf den benötigten Durchmesser aufdehnen.

Telekonverter verändern die Nahgrenze des Grundobjektivs nicht. Das macht sie für die Makrofotografie interessant. Mit einem Konverter kann man aus der gleichen Entfernung einen kleineren Ausschnitt des gleichen Motivs sehen.

Telekonverter haben zwei Nachteile: Lichtverlust (man verwendet schließlich nur einen Ausschnitt des ursprünglichen Bildkreises, um das gesamte Bild zu belichten), und optische Beeinträchtigung. Der Lichtverlust ist ca. 1 Belichtungsstufe beim 1,4×-Konverter und 2 Belichtungsstufen beim 2×-Konverter. Die optische Beeinträchtigung entsteht dadurch, dass die Linsen im Konverter ebensowenig perfekt sind wie alle anderen Linsen auch, und dass sie zusätzlich die Fehler des Grundobjektivs deutlicher sichtbar machen.

Der Vorteil der Konverter ist, dass sie den Abbildungsmaßstab um einen konstanten Faktor vergrößern, unabhängig von der Brennweite des Grundobjektivs.

Nahlinsen

Nahlinsen sind einzelne oder mehrere verkittete Linsen, die wie ein Filter vorne an das Objektiv geschraubt werden. Man setzt sozusagen eine Lupe vors Objektiv.

Mit guten vergüteten mehrlinsigen Nahlinsen (Achromaten) muss man wenig Lichtverlust in Kauf nehmen. Die optische Qualität ist bei besseren Ausführungen auch gut. Funktionsstörungen von Autofokus, Blendenübertragung und Elektronik sind ausgeschlossen.

Ein Nachteil ist, dass man für verschiedene Objektivdurchmesser auch verschiedene Nahlinsen bräuchte, wogegen Zwischenringe und Konverter im allgemeinen für alle Objektive eines Systems passen.