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Sunday, June 16th, 2002: Flugtag

[Geli]

Es ist wieder soweit und irgendwie kann ich es nicht glauben!!! Ich bin mal wieder auf dem Weg nach Kanada. Alles läuft bisher gut. In Amsterdam war es zwar etwas hektisch, weil wir in Nürnberg zu spät loskamen, aber wir haben die Maschine locker erwischt. Sogar turbopinkeln vor dem Borden war noch möglich. Ich hatte ein etwas flaues Gefühl im Magen, weil wir in Amsterdam nur eine Stunde Aufenthalt hatten und als wir dann 40 Minuten zu spät in Nürnberg loskamen, fühlte ich mich doch etwas an letztes Mal Kanada erinnert :-) Aber es hat alles geklappt. Wir sitzen im richtigen Flieger nach Kanada und so wie es im Moment aussieht, habe ich einen Doppelsitz für mich alleine. Als wir unsere Plätze einnahmen, saß ein Mann vor uns, der scheinbar für den langen Flug von neun Stunden von Frau und Kindern getrennt sein sollte. Darüber war die ganze Familie sehr traurig und wandte sich deshalb an die Saftschubsen (Anmerkung des Abtippers: Von Laien auch Stewardessen genannt). Die taten ihr möglichstes und ich vernahm die Worte „After takeoff you can move to another place at the end of the aircraft”. Kaum hatte der Mann seinen Allerwertesten erhoben, schmiss ich mich todesmutig auf die freigewordenen Sitze und ergötzte mich an den neidischen Blicken der anderen Passagiere :-):-):-):-):-) Na, na, na naa na :-) Ich harrte der Dinge die da kommen ... und da kommt echt was. Es riecht nach Essen!!! O.K. Pause.

Essen war OK. Es gab Pasta für mich und Fleisch für Robert und mein Salat für Robert und meinen Kuchen für Robert… „Fliegen macht mich irgendwie hungrig” meinte er! Ach was!!! :-) Hätte ich gar nicht gemerkt. Wir haben uns schon etwas die Zeit mit Vier-gewinnt vertrieben. Ich finde, man sollte dieses sch… schöne Spiel in Robert-gewinnt oder Geli-verliert umbenennen. Aber wie meinte mein holdes Schwesterlein auf dem Weg zum Flughafen… (Als ich auf Roberts Frage, was ich den vergessen hätte - ich sollte es lieber gleich zugeben - erwiderte, dass ich alles dabei und selbst meinen Kopf mitgebracht hätte… meinte sie, dass dieser (Gelis Kopf) mir auch nicht viel nützen würde, weil er derzeit so hohl sei. Eine liebe Schwester habe ich!!! Aber zumindest ist das die Begründung, warum ich gegen Robert bei diesem tollen Spiel dauernd verloren habe, ich bin urlaubsreif.

Es ist gleich halb neun und wir sollen jetzt schlafen. Ich habe es probiert, es klappt aber nicht. Viel zu viele Dinge gehen mir durch den Kopf und damit meine ich nicht die Pasta von vorhin. Jetzt geh ich mal Robert ärgern ähhh filmen…! Hat nicht geklappt; er schläft nicht! Die Landung liegt hinter uns. Wir sind am Flughafen in Vancouver.

Wir sind begeistert vom Aufbau des Flughafens. Trotz der Größe ist er übersichtlich und wirkt ausgesprochen freundlich auf uns. Es finden sich Skulpturen aus Holz und ein kleiner Wasserfall, der ziemlich stark nach Chlor riecht. Wahrscheinlich sollen dies Hinweise darauf sein, was uns hier größtenteils erwartet. Ich kann es kaum fassen, das ich jetzt wirklich wieder hier bin. Deshalb bin ich sehr still und in mich gekehrt, was Robert mir als „Miesepetrigkeit” auslegt. (Seit wann kennt er mich jetzt?)

[schnelle Überblende in ein halbleeres Zimmer. Tom und Michl tiegern ruhelos auf ihren Betten liegend auf und ab]

Wir sitzen in Vancouver in der Travellodge und warten darauf, dass Robert und Geli endlich ihren Weg zu uns finden. Warum wir nicht zusammen geflogen sind? Das wäre ja zu einfach. Und außerdem hätte Robert dann vermutlich auch unseren Salat und Nachtisch verputzt. Nein. Der eigentliche Grund sind unsere Tickets, die ich über Meilen organisiert habe, was uns an einen Air Canada Flug gebunden hat, der vollständig von Lufthansa übernommen wurde. Sonderbar! Wir sind über Frankfurt ebenfalls direkt nach Vancouver gejettet. Als wir in Frankfurt sitzen und warten, dass der Check-In beginnt, sehen wir, dass wir doch besser mit Singapur Airlines geflogen wären, dort wimmelte es von hübschen Singapurinesen – und alle in einer wirklich hübschen gleichen Uniform gekleidet – bis auf eine, deren Uni war Grün – in Form und Farbe. Michl stellt fest: „Der neben mir rum saß hätte auch mal eine Dusche gebraucht”. Und die Anzahl der Leute mit einem eigenen Betttuch auf dem Kopf – Insider mögen sie auch als In(si)der bezeichnen.

Despite the fact that we had to sit between two large Albanian women with severe body odor… Ähhh. Nein, dass war Weird Al. Wir hatten einfach nur keinen Platz für unsere Füße und noch weniger für unser Gepäck. War halt nur eine 747.

Immerhin wird klar, die Kanadier haben nicht so viel Schiss vor Drogendealern wie die Amis – der Imigration-Zettel ist viel kürzer und weniger nervig. Allerdings haben die Kanadier offenbar Angst vor Farm-Spionage, immerhin wollen sie wissen, auf welchen Farmen man in letzter Zeit gegrast hat und welche man in nächster Zeit besuchen möchte. Als wenn wir das jetzt schon wüssten. Maul- und Klauenseuche haben wir jedenfalls nicht bewusst mitgenommen. Vielleicht hätte man ja damit bei der Immigration verhandeln können. Der Zoll ist auf jeden Fall genauso übermotiviert wie in Frankfurt. Gähhhhhhhn.

Letztlich kamen wir aber in Vancouver an und mussten interessante Fragen am Immigration beantworten wie „Woher kennen Sie sich?” oder „Seit wann kennen Sie sich?” und auch „Wie reisen Sie?”… Strange!!! Das Gepäck ist erstaunlicherweise auch da und unversehrt. Auf das Shuttle mussten wir allerdings dann fast eine halbe Stunde warten. Eine Sightseeing-Tour war auf der Fahrt inbegriffen (immerhin sind wir vorher noch am Holiday Inn vorbeigegondelt). Im Hotel wird eines klar. Hilfe!!!! Hier wimmelt es von Deutschen!!! Ist ja widerlich! In unserem Zimmer auch. Auch das sind ja wir. Damit müssen wir uns wohl abfinden. Geli ist allerdings schon fast ein Canadian Resident. Immerhin hat sie eine Greencard, ist über Greenland geflogen und hat auch noch den Abschnitt für Canadian Residents ausgefüllt. Der grüne Zettel – a green card – stammt allerdings noch vom letzten Amerika-Aufenthalt.

Monday, June 17th, 2002: Wohnmobilübernahme und Erstversorgung

Unser Wohnmobil

Nachdem unsere Versuche, jemanden am Sonntag Abend bei Fraserway zu erreichen, vergebens waren („Business hours 9 am to 6 pm, Monday to Friday” sagt der Anrufbeantworter dazu) hatten wir heute schon in aller Frühe jemanden am Rohr, der uns eine Abholung um 9:30 plus/minus 10 Minuten am Hotel zusichert. Klingt irgendwie nach den Prognosen der Ranger, die man auch im Yellowstone über die Ausbruchswahrscheinlichkeit von Geysiren zu hören bekommt. Und pünktlich zum vereinbarten Zeitpunkt minus 30 Minuten finden sich auch eine Reihe abholbereiter Gäste vor dem Hotel ein. Wir hätten da einen Deutschen, einen Deutschen, einen Deutschen,… und zuletzt ein Pärchen nicht zu vergessen, das aus dem Erfindungsland des Wohnmobilschubsens kommt.

Bei Fraserway angekommen, erhalten wir nicht nur unser Wohnmobil sondern auch eine Einführung von Eberhard: „Stauraum, Stauraum, Stauraum. Bett. Mikrowelle. …Schalter”

Und irgendwann geht es dann auch los. Nachdem wir an der ersten Abfahrt vorbeigedonnert sind und auch die Ersatzabzweigung leicht verpasst haben (Robert donnert mit 50 km/h dahin und Tom navigiert – oder auch nicht und), holen wir mit einer Schleife etwas Schwung und steuern kometengleich die State Route 10 an, nur gebremst von einem Stau vor jeder Ampel – und von denen gab es viele – fast alle gewillt, uns die kanadische Nationalfarbe zu präsentieren.

In Chilliwack machen wir halt, um uns mit dem Nötigsten zu versorgen. Ergebnis ist ein leicht überhäufter Einkaufswagen, den wir aus dem Real Canadian Superstore herausschieben. Und Geli ist 277,46 Can$ ärmer, da die D-E-P-P-E-N nur MasterCard und Bares nehmen. Ahhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhrgl. Kaum haben wir notdürftig die Unmengen an Fressalien im Auto verstaut, geht es auch schon weiter. Unser heute auserkorenes Ziel ist nicht weit: Hope, keine 50 km down the road. Im Wild Rose Campground finden wir einen netten Stellplatz (Nr. 43) und nachdem wir eingeparkt und noch einmal in den richtigen Platz umgeparkt haben, weiht Robert Geli und Michl in die Tiefen des Volleyball-Spielens ein, was damit endet, dass Geli und Tom dem Bauern nebenan einen Besuch abstatten, und fragen, ob sie denn den Ball von der Kuhweide holen dürften. Der kleine Junge des Bauern geht mit, um uns vor der „Dangerous Cow” zu beschützen. Doch die liegt friedlich grasend da und rührt sich nicht. Zwei andere haben sich den Ball geschnappt, haben sich gerade mit einigen Dehnübungen aufgewärmt und beginnen mit dem ersten Satz, als wir eintreffen. Plötzlich stehen sie wieder ganz uninteressiert da und glotzen scheinheilig den Ball an. In Hypnose bekommen die kanadischen Kühe einen Extrapunkt. Der fast verlorene Ball veranlasst uns dazu, das Spielen einzustellen und uns in unser rollendes Haus zurück zu ziehen. Wir überlegen, was wir uns denn zum Abendessen gönnen wollen. Bei dieser Riesenauswahl fiel uns das gar nicht so einfach. Schließlich einigen wir uns auf eine ordentliche Portion Nudeln (immerhin haben wir davon 2500g in der Hinterhand), mit „angereicherter Soße” dazu. Als wir Tom fragten, wie er denn die (gekaufte Fertig-)Soße bereichern wolle, meinte er, dass er Knobi, Champignons und Zwiebeln verwenden wolle, worauf Robert sofort seine Bedenken anmeldete. Er hatte bezüglich Zwiebeln wohl schon des Öfteren schlechte Erfahrungen gesammelt. Doch Tom konnte seine Bedenken ausräumen und sicherte ihm zu, dass er nichts zu befürchten hätte („Die sind doch gekocht”). Robert ließ sich auf das Experiment ein und vertilgte eine gehörige Portion der Nudeln mit „harmlos angereicherter Soße”. Wenige Minuten nachdem wir das Essen beendet hatten, verschwand Robert für längere Zeit und kam leicht blässlich, jedoch schwer erleichtert zurück und meinte: „Tja Tom, dass mit den harmlosen Zwiebeln in deiner Soße war wohl nix!” Armer Robert!

Während des Essens, am Abend, vor dem Schlafengehen, nach dem Aufstehen etc. begeben wir uns auf die Suche nach einem verschwundenen Schatz. Besser gesagt, nach einer Flasche Mückenspray, die sich uns hartnäckig zu entziehen versucht. Erfolglos mussten wir unsere Suche abbrechen, uns dämmerte, dass wir wohl am nächsten Morgen noch mal einkaufen gehen müssten. Am Abend reißt der Himmel etwas auf und wir erleben eine tolle Abendstimmung mit wunderschönen Regenbogen. Zwei Stellplätze weiter stehen zwei deutsche Camper, die wir noch am Morgen beim Fraserway gesehen haben, natürlich mit Deutschen am Steuern. Uns offenbarte sich ein Bild für Götter: Eine blauweiße Tischdecke, eine Flasche Rotwein und eine Flasche Schnaps untermauern unser Bild über unsere Landsleute im Ausland.

Die Nacht verläuft ruhig, wenn auch etwas ungewohnt. Bei etwas tieferem Atmen bei einem von uns, wackelt das komplette Auto – von den Erdbeben gar nicht zu reden, wenn mit dem kleinen Zeh wackelt. Trotzdem fallen wir alle in einen tiefen, vom Jetlag gezeichneten Erschöpfungsschlaf. Mitten in der Nacht wachen wir auf und realisieren erfreut, dass wir uns nun im Land der Wasserfälle befinden, Kanada!!! Aber Moment mal, gestern Abend gab es die hier noch nicht. Zumindest hatten wir unser Wohnmobil nicht direkt unter einem geparkt. An den Wänden des Tales gibt es durchaus etliche kleinere Wasserfälle, aber wer zum Geier hat die umgeleitet? Wir kommen zur Schlussfolgerung: Mein Gott, es schüttet aus allen Eimern – das sollte im Urlaub wirklich verboten werden. Naja, rumdrehen und weiterschlafen. Am Morgen hat der Regen so gut wie aufgehört und es ist eine wunderbare Luft. Noch trübt der Regen unsere Stimmung nicht (Fortsetzung folgt…)

Geli sagt: „Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung.” Philosophen mögen über der Frage meditieren, die uns heute noch nicht belastet: Was ist, wenn alle Regenkleidung nass ist? Ist das dann schlechte Kleidung, oder nicht doch schlechtes Wetter?

Tuesday, June 18th, 2002: Fraser Canyon, Hells Gate und Spirit Cave Trail

Am Morgen nach dem Duschen und Frischmachen gibt es ein opulentes Frühstück mit Rühreiern, Müsli mit Weintrauben, frischem Toast, Marmelade, Nutella, … Orangensaft, so etwas Ähnliches wie Kaffee und (Robert: „so etwas ähnliches wie”) Kakao nicht zu vergessen. Tom: „Das eine Ei ist im Arsch” (gemeint war: In der Packung ausgelaufen). Michls trockene und nüchterne Antwort: „Oh, wie unangenehm!”

Nachher denken wir auch wirklich daran, alle Kabel und Schläuche abzuklemmen, die unser Auto mit dem Stellplatz verbunden haben und brechen auf. (Dichtungsring heißt übrigens „Washer” und kostet nix, wenn man die Campground-Chefin freundlich anlächelt) In Hope kaufen wir noch die Sachen, die wir am Tag vorher vergessen hatten und auch Robert findet eine Wanderhose, die ihm halbwegs passt. Zum Hemd reicht es nicht mehr; er will ja schließlich kein Zelt. („Ich will kein Orange-grün-blau-gelb geschecktes Schottenmuster”). Wir kaufen uns auch ein neues Anti-Mückenspray. Dass wir das alte finden steht also nichts mehr im Wege. Wir fahren den Fraser

Fraser Canyon
Canyon entlang, machen bei einem River Rafting Veranstalter halt und beschließen Morgen hier zu Raften. Wir können auch auf dem Hinterhof kostenlos übernachten. Danach fahren wir weiter zum Devils Gate, einer Verengung des Canyons, der gigantische Strudel produziert. Mit einer Seilbahn geht es hinab zur Station. Hier gibt es eine Suspension Bridge mit Gitterrosten als Boden, durch die Ritze sieht man das Wasser tosen. Geli überwindet sich und geht mit über die Brücke. Wirklich sehenswert, wie riesige Baumstämme wie Streichhölzer in den wirbelnden Wassermassen eingesogen werden und irgendwo anders wieder auftauchen. Natürlich ist das Ganze auch voll touri-geeignet mit Restaurant, Gift-Shop etc. Dummerweise gibt es auch eine Fudge-Factory, in dem es über 120 verschiedene Arten auch weicher Schokolade gibt. Robert und Tom kaufen sich zusammen ein Pfund dieser Schokostücke in ca. 12 verschiedenen Geschmacksrichtungen. Mit diesem Barren reiner Kalorien kann man die halbe Dritte Welt ernähren. Ein Spruch an der Wand „Calories are a matter of the mind. If you don't mind they don't matter”

Danach fahren wir zurück zum Rafting Anbieter und werden ein kleines Vermögen los. Auf einen Tipp hin machen wir uns auf eine Wanderung. Die Frau des Veranstalters bringt uns sogar noch zum Trailhead, da dieser schwer von der Straße aus zu sehen ist. Der Weg heißt „Spirit Cave Trail”. Der Weg ist so zugewachsen, dass er an machen Stellen kaum mehr sichtbar ist. Einfach super, wie er sich steil den Berg hinaufschlängelt. Da der Wald immer noch nass ist, sind wir es bald auch – schließlich müssen wir uns durchs Gebüsch zwängen, über glitschige Brücken balancieren, und über moosbewachsene Felsen schlittern. Ein toller Ausblick auf den Fraser Canyon entschädigt uns für den Aufstieg – war hier wirklich eine Entschädigung notwendig? Wohl kaum! Nach dem Abstieg verarzten wir einen Mückenstich vom Robert und eine kleine Prellung vom Michl, wodurch wir auch unser erstes Anti-Mückenmittel wieder finden. Yippie!!! (Unsere Rechnung durch den Kauf eines neuen Mückensprays das alte wieder zu finden, ging also auf)

Wir dürfen im Hinterhof des Rafting Anbieters übernachten. Was wir erst sp… grrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr. … herausfinden sollten ist, dass wir hier nicht direkt am Fraser River stehen, sondern dazwischen noch grrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr… eine Eisenbahnlinie verläuft.

Am Abend gibt es „Pampf”, wie Michl es bezeichnet. Ziel war eigentlich ein improvisiertes Bauernfrühstück von Tom. Mit Lachs und Kartoffeln, die wir – nur einen Augenblick aus den Augen gelassen - gar nicht mehr selber schälen müssen, sondern die schon von selbst aus der Schale springen. Wow! Kanadisches Gemüse weiß eben, was sich gehört.